Verbraucherschützer: Online-Bewertungen sind oft Zerrbilder

München/Dortmund – Online-Bewertungen dienen vielen als Orientierungshilfe – sie liefern oft aber nur ein Zerrbild. Es sei fraglich, ob solche Bewertungen ein repräsentatives Bild der Realität abgeben, gibt Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern zu bedenken.

Wissenschaftler der Technischen Universität Dortmund haben herausgefunden, dass Kundenbewertungen beispielsweise die Qualität von Elektronikprodukten nicht gut widerspiegeln. Das Fazit von Studienautor Sören Köcher: «Man sollte sich eher nicht auf die durchschnittlichen Bewertungen als Qualitätsindikator verlassen.»

Bei den etwa 1300 verglichenen Elektroprodukten fanden sich kaum Übereinstimmungen zwischen professionellen Urteilen der Stiftung Warentest und Bewertungen von Amazon-Kunden.

Am besten nur Einzelbewertungen durchlesen

Käufer und Kunden tendierten dazu, nur besonders positive oder negative Reaktionen mitzuteilen. «Deshalb finden wir recht selten mittlere Bewertungen mit drei oder zwei Sterne», erklärt Köcher. Nutzer hätten in diesem Fall schlicht keine Motivation zu schreiben.

Der Forscher empfiehlt, sich Einzelbewertungen durchzulesen und nicht auf die berechnete Gesamtwertung zu schauen. Schlechte Bewertungen sind häufig emotionale Reaktionen. «Möglicherweise sind das Sachen, die überhaupt gar nichts mit dem Produkt zu tun haben, wie Verpackungsschäden oder eine verspätete Lieferung», erklärt er.

BGH billigt automatisierte Auswahl bei Bewertungen

Ein Recht auf eine repräsentative Bewertung gibt es ohnehin nicht, wie der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag
entschieden hat (Az.: VI ZR 496/18). In dem Fall hatte die Betreiberin eines Fitness-Studios erfolglos gegen die Bewertungsplattform Yelp geklagt, weil der für das Studio angezeigte Bewertungsdurchschnitt (2,5 von 5 möglichen Sternen) nur auf 2 «empfohlenen» von insgesamt 76 Nutzer-Beiträgen basierte.

Die übrigen Bewertungen hatte der Algorithmus des Portals als nicht hilfreich oder authentisch eingestuft, deshalb als «nicht empfohlen» markiert und nicht zur Bildung des Bewertungsdurchschnitts herangezogen. Dieses Vorgehen billigte das Gericht.

Fotocredits: Andrea Warnecke
(dpa/tmn)

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