2245 Behandlungsfehler im vergangenen Jahr nachgewiesen

Berlin – Die Zahl der ärztlichen Behandlungsfehler in Deutschland hat sich nach Angaben der Bundesärztekammer (BÄK) in den vergangenen Jahren kaum verändert.

2016 trafen die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärzteschaft bundesweit 7639 Entscheidungen zu Beschwerden von Patienten über Behandlungsfehler, gut 400 mehr als im Vorjahr. In 2245 Fällen (2015: 2132; 2014: 2252) habe tatsächlich ein Behandlungsfehler oder eine mangelnde Risikoaufklärung vorgelegen. Dies geht aus der jährlichen statistischen Erhebung der BÄK hervor, die nun vorgestellt wurde.

In 1845 Fällen habe die Behandlung einen gesundheitlichen Schaden verursacht, der dann zu einem Anspruch des Patienten auf Entschädigung führte. In 96 Fällen starb der Patient an dem Fehler. In 400 Fälle konnte kein Zusammenhang zwischen Behandlungsfehler und einer nachfolgenden Gesundheitsschädigung festgestellt werden.

Allerdings werden nur Fälle in die Statistik aufgenommen, wenn eine Beschwerde von Patienten vorliegt. Ärzte, Pfleger oder andere Mitarbeiter eines Krankenhauses oder einer Praxis sind nicht verpflichtet, Fehler zu melden, wenn ihnen welche auffallen. Zudem werden mögliche Behandlungsfehler, die wegen mangelnder Hygiene zu Infektionen führten, in dieser Statistik nicht berücksichtigt.

An der Spitze der Beschwerden, bei denen der Antrag 2016 zur Entscheidung kam, lagen Arthrosen und Knochenbrücke: Knie- und Hüftarthrosebehandlungen mit 577 Fällen gefolgt von Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen (171 Beschwerden), Unterarmbrüchen (162) sowie Schulter und Oberarmfrakturen (154).

Die
Ärztekammer verwies auf die ständig steigende Zahl an Behandlungen. Im ambulanten Bereich habe sie demnach zwischen 2004 und
2015 um 160 Millionen auf mittlerweile 696 Millionen zugenommen. In Krankenhäusern habe sich die Zahl im gleichen Zeitraum um mehr als 2,5 Millionen auf fast 19,8 Millionen Fälle erhöht.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte in der der «Heilbronner Stimme» (Donnerstag), die Beweislast bei Behandlungsfehlern müsse zugunsten der Opfer umgekehrt werden. Auch fehle immer noch ein sofort greifender Härtefallfonds. Notwendig sei zudem die Einführung eines Zentralregisters zur Erfassung von Behandlungsfehlern. «Ärztekammern, Krankenkassen und Gerichte sammeln Behandlungsfehler weiter nebeneinander her. Noch immer lehnt die Bundesregierung die zentrale Erfassung aller Fälle ab.»

Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) forderte ebenfalls einen besseren Schutz von Patienten. Stefan Gronemeyer, stellvertretender MDS-Geschäftsführer, sagte der Zeitung, eine gesetzliche Meldepflicht für Behandlungsfehler sei sinnvoll und notwendig.

Krankenkassen unterstützen bei Verdacht auf Behandlungsfehler

Wer das Gefühl hat, dass der eigene Arzt einen Fehler gemacht hat, sollte ihn direkt darauf ansprechen. Der Arzt ist verpflichtet, auf die Frage zu antworten. Darauf weist die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hin. Am besten nimmt man einen Zeugen zu dem Gespräch mit.

Gibt es Anhaltspunkte für einen Behandlungsfehler, muss die Krankenkasse den Patienten kostenlos bei der Aufklärung unterstützen – jedenfalls dann, wenn die Behandlung von der Krankenkasse bezahlt worden ist. Die Kasse kann zum Beispiel ein Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenkasse in Auftrag geben. Möglich ist auch, sich als Patient an die Schlichtungsstellen der Bundesärztekammer zu wenden. Der betroffene Arzt muss damit aber einverstanden sein.

Wenn tatsächlich ein Behandlungsfehler vorzuliegen scheint, sollte sich der Patient einen Anwalt nehmen, rät die Verbraucherzentrale. Die Kosten trägt er selbst.

Fotocredits: Susann Prautsch
(dpa)

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