Wie Tiere zum Trend werden

Berlin – Auf einmal waren sie überall. Auf Kindergeburtstagen. Auf Popfestivals. Auf Demos gegen Nazis. Einhörner zieren Pullover, Jutebeutel, Tassen, Kissen und Torten.

Für Hipster-Geburtstage gibt es
«Einhorn-Pinata», Pappfiguren wie in Mexiko. Aber woher kommt eigentlich der Trend zu genau diesem Fabelwesen?

Es ist nicht der erste aus dem Tierreich: Seit Jahren wimmelt es in der Mode und in der Wohnungsdeko vor Hirschen, Dackeln, Erdmännchen, Rehen und Flamingos.

Ganz oben: Eulen. Mit ihnen kann man im Internet die Zeit vertrödeln, fast so gut wie mit Katzenvideos. Einfach mal
«nasse Eulen» googeln. Auf dem Laufsteg tauchten die Vögel schon 2008 auf. «Die Eule als Motiv auf Kissen, Taschen und Schals, auf Papeteriewaren oder Dekoartikeln begleitet uns schon seit fast einer ganzen Dekade», sagt Nicolette Naumann, Vize-Präsidentin der Frankfurter Messe Ambiente. «Ihr folgten diverse Waldtiere wie Füchse, Dachse, Igel oder Vögel.»

Aktuell geht es exotisch zu.
Flamingos sind überall, gerne in Kombination mit Ananas oder Palmen, in knalligen Farbtönen. Neu sei der Dackel als Motiv oder auch als Dekofigur, sagt die Expertin. Von einem «Trendmotiv» spricht die Fachwelt, wenn das Tier nicht nur auf Kinderkleidung, sondern auch auf der Tasse fürs Büro oder dem Sofakissen landet.

Was im Design oder beim Basteln gefragt ist, sieht man gut auf der Internetseite DaWanda. Die Rangliste der beliebten Suchbegriffe führt die Eule an. Danach kommen: Katze, Fuchs, Panda, Einhorn, Flamingo und Faultier. Letzteres mausert sich gerade zum Trendtier 2017. Es gibt zum Beispiel eine Wärmflasche «Faultier Paul» (39 Euro) oder eine Halskette mit einem freundlich dreinblickenden Faultier als Anhänger (9,90 Euro).

Zurück zu den Einhörnern: Zu den Ersten, die die sagenhaften Wesen auf Sweatshirts druckten, gehörte laut DaWanda-Sprecherin Ina Froehner ein Label aus Polen. Dazu kamen Internet-Kanäle wie Facebook, Pinterest und
Instagram. Dort macht sich das Einhorn gut. Außerdem: Die 90er Jahre sind modisch wieder da.

Ein Einhorn auf dem Pulli zeigt auch: Ich bewahre das Kind in mir und nehme die Welt nicht so ernst. Es ist ein bisschen rebellisch. Weltfrieden trifft Hello Kitty. Bei DaWanda heißt es: Was als ironisches Statement auf dem Pulli anfing, ist in die Alltagskultur eingeflossen. Ein Ende des tierischen Trends ist generell nicht in Sicht. «Man hat immer ein Tier, das beliebt ist», sagt Sprecherin Froehner.

Wie entstehen solche Trends? «Im Grunde ist das ganz ähnlich wie in der Mode», sagt die Trendexpertin Nicolette Naumann. «Auch die Dekohersteller orientieren sich am Zeitgeist.» Dazu passt, was das «Zeit»-Magazin über den Flamingo-Trend schrieb: «Wer will schon kein Flamingo sein, in einer Welt voll Terror und AfD?» Bei manchen Tieren kommt noch etwas anderes dazu: Die Eule ist positiv besetzt. Sie steht für Weisheit.

Bei dem Berliner Modedesigner
Tim Labenda war es ein echtes Tier, das ihn inspirierte: sein Pudel namens Putin. Auch das Kinderbuch «Wo die wilden Kerle wohnen» hatte er bei seiner Kollektion im Kopf. So kam er auf die Idee, einen
Haarreif mit Fuchsohren zu entwerfen und eine Faultier-Stola aus Web-Pelz. «Ich habe das in erster Linie als Augenzwinkern gesehen», sagt der 30-Jährige.

Mode sei ja generell ziemlich sinnfrei, so der Designer, der schon mit Jil Sander verglichen wurde. Er findet es gut, dass es nicht mehr so ernst zugeht wie früher. «Ich mag es, dass es gerade ein bisschen aufgelockert ist.» Labenda ist nicht der einzige Designer mit Hang zum Tier: Designer Thom Browne hat gerade Männer mit einer
Dackel-Handtasche ausstaffiert. Modell «Hector» gibt es beim New Yorker Kaufhaus Barneys für 2600 Dollar.

Fotocredits: Britta Pedersen,Britta Pedersen,Sieben Sachen/DaWanda,Britta Pedersen,Sophia Kembowski
(dpa)

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