Wege für Ladenetz ohne Lücken gesucht

Berlin – Es ist eine Schlüsselfrage für den Durchbruch der Elektromobilität: der Aufbau eines flächendeckenden und verbraucherfreundlichen Ladenetzes für E-Autos – dafür ist aber noch viel zu tun.

Politik und Autoindustrie wollen nun Tempo machen. Das Ziel: Autofahrer sollen E-Autos künftig in ganz Deutschland schnell aufladen können und nicht warten müssen. Bei einem Spitzentreffen am Montagabend im Kanzleramt geht es um einen «Masterplan Ladeinfrastruktur» – und um die Zukunft von zigtausend Jobs in der für Deutschland immens wichtigen Autoindustrie.

Die Branche steckt in einem schwierigen Umbruch

Der Erfolg der E-Mobilität ist für die Autoindustrie von entscheidender Bedeutung. «Damit Deutschland auch weiterhin führende Automobilnation bleibt, müssen Politik und Industrie Hand in Hand an der schnellen Verbreitung von Elektrofahrzeugen arbeiten», heißt es im «Masterplan», erarbeitet vor allem vom Verkehrsministerium. Der Plan liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.

Für den Hochlauf der E-Mobilität bedürfe es einer «angemessenen, verbraucherfreundlichen und verlässlichen Ladeinfrastruktur», heißt es. Dies sei entscheidend für die Kaufentscheidung der Verbraucher. «Nur bei entsprechender Akzeptanz der Nutzer wird die Elektromobilität ein Erfolg.»

Derzeit gibt es rund 21.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte

Aber vor allem auf dem Land muss man derzeit oft lange suchen. Bei vielen Autofahrern gibt es eine «Reichweitenangst» – dass sie mit einem E-Auto nicht an ihr Ziel kommen können, weil es nicht genügend Ladestationen gibt.

Bis 2030 sollten laut Politik eine Million Ladepunkte geschaffen werden. Die Industrie werde sich daran beteiligen.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) forderte verbindliche Vereinbarungen und verlässliche Finanzierungszusagen für den Ausbau der Ladeinfrastruktur: «Ich plädiere für ein klares Commitment für 100.000 öffentliche Ladepunkte bis spätestens 2021. Nur wenn es in absehbarer Zeit genügend Ladepunkte gibt, werden sich die Kunden für ein Elektrofahrzeug entscheiden.»

Notwendige Änderungen im Mietrecht und im Wohnungseigentumsrecht seien «überfällig», sagte Weil. Die Bundesregierung will den Bau privater Ladestationen etwa in Tiefgaragen erleichtern – die Änderungen sollen nach derzeitigem Stand aber erst Ende 2020 in Kraft treten. Weil ist Mitglied im VW-Aufsichtsrat und wie andere Regierungschefs von «Autoländern» beim Spitzentreffen dabei.

In den kommenden Jahren sind deutlich mehr Elektroautos notwendig

Das ist wichtig, damit die Hersteller strengere Klimavorgaben der EU einhalten können. Die Elektromobilität spielt auch eine zentrale Rolle im Klimaschutzprogramm der Bundesregierung, mit dem Klimaziele 2030 vor allem im Verkehr erreicht werden sollen.

Dafür wird bis 2030 eine Zahl von 7 bis 10 Millionen E-Autos in Deutschland als notwendig angesehen – im August waren laut «Masterplan» erst rund 220.000 Elektrofahrzeuge zugelassen. Die Hersteller investieren Milliarden in die Entwicklung von E-Autos und bringen in den kommenden Jahren zahlreiche Modelle auf den Markt – am Montag läuft im Werk Zwickau die Fertigung des ersten reinen Großserien-Elektroautos von VW an. Der ID.3 soll eine neu konzipierte Fahrzeugserie begründen, die auch das Massenpublikum anspricht.

Ladestation sollte problemlos gefunden werden

Im «Masterplan» werden konkrete Anforderungen definiert, damit die Ladeinfrastruktur benutzerfreundlich ist. Verbraucher sollen künftig eine Ladestation problemlos auffinden können und nicht «über Gebühr» auf einen freien Ladepunkt warten müssen. Authentifizierung, Freischaltung, Bezahlung und Abrechnung sollen ohne Probleme erfolgen.

Das Verkehrsministerium soll bis Ende 2019 ein Konzept vorlegen, wie die Finanzierung und Organisation eines «verlässlichen, schnellen und großvolumigen» Ladeinfrastrukturaufbaus bis 2025 ausgestaltet werden soll. Erstes Ziel soll die Errichtung von 1000 Schnellladestandorten sein. Außerdem sollen verstärkt Ladepunkte an Kundenparkplätzen zum Beispiel an Supermärkten gefördert werden.

Versorgungsauflage

Durch eine Versorgungsauflage soll geregelt werden, dass an allen Tankstellen auch Ladepunkte angeboten werden. Die Autoindustrie verpflichtet sich dazu, mindestens 15.000 Ladepunkte auf ihren Betriebsgeländen und im Handel zu bauen. Bis 2030 wird die Errichtung von 100.000 Ladepunkten angestrebt.

Die Regierung erwägt zudem Auflagen für die Wirtschaft. Der Ausbau öffentlicher Ladesäulen könne nicht allein über Förderung gestemmt werden, heißt es im Plan: «Wo eine bedarfsgerechte Versorgung marktgetrieben nicht erfolgt, werden daher auch ordnungsrechtliche Maßnahmen erwogen.» Konkret geht es dabei um Lade-Standorte, die künftig wenig angefahren werden und wenig wirtschaftlich sind – aber für das Netz von «strategischer Bedeutung».

Neben der Ladeinfrastruktur geht es beim «Autogipfel» auch um die Zukunft von Arbeitsplätzen. Nach einer früheren Einschätzung der IG Metall stehen Tausende Jobs auf dem Spiel, wenn der Umbau nicht gelingt. Weil sagte, beim tiefgreifenden Umbau der Autoindustrie wachse in den Betrieben und Belegschaften die Unsicherheit. Deswegen müssten etwa die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld erleichtert werden.

Fotocredits: Daniel Bockwoldt
(dpa)

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