Das Friseurmuseum Magdeburg setzt dem Bubikopf ein Denkmal

Magdeburg – Auf dem Foto ihrer Dauerkarte für die Magdeburger Theaterausstellung 1927 trägt Li Crayl einen Bubikopf. Verschmitzt lächelt die Ehefrau des Architekten Carl Krayl (1890-1947) in die Kamera.

Die Partnerin eines der Hauptgestalter des «Neuen Bauens» lebte mit ihren kurzen Haaren ebenso in den neuen Zeiten wie ihr Mann: in der Moderne, die nach dem Ersten Weltkrieg begann. Design, Technik, Architektur und Wissenschaft erfuhren radikale Veränderungen. Auch auf den Köpfen der Frauen passierte etwas. Der altbackene Zopf wich dem frechen Bubikopf oder Bob.

Der Emanzipation der Frau auf der Spur

«Li Crayl war eine revolutionäre Frau», sagt Barbara Psoch vom
Friseurmuseum Magdeburg, das der Kurzhaarfrisur im zehnten Jahr seines Bestehens bis zum 21. September eine Ausstellung widmet. Das kleine Museum, das im Mai 2009 vom Magdeburger Verein Haar-Verband eröffnet wurde, leistet mit der Sonderschau einen Beitrag zum aktuellen Programm «Magdeburger Moderne 1919-2019», das im Zeichen der Bauhaus-Gründung vor einhundert Jahren steht. Der Bubikopf ging mit dem gesellschaftlichen und sozialen Wandel einher. Wer Charlestonkleid, Topfhut und Seidenstrümpfe trug, kürzte auch sein Haupthaar. Die Emanzipation der Frau begann.

«Plötzlich hatten Frauen eine Jungsfrisur», sagt Psoch. Die Friseurmeisterin und ehemalige Berufsschullehrerin hält einen Puppenkopf mit blondgewellter Bubikopffrisur in den Händen. Eine Besuchergruppe sitzt auf alten Stühlen um einen Tisch mit Spitzendeckchen und lauscht den Ausführungen der 69-Jährigen. Die zeigt mit dem Finger nach oben, wo schwere geflochtene Zöpfe von der Decke hängen. «Das war das Symbol des deutschen Weibes. Bis der Bubikopf kam.» Die knabentypische, kinnlange Frisur war nicht nur flott, sondern auch funktionell. «Sie prägte das Frauenbild dieser Zeit», sagt Psoch. Für sie ist das auch ein Frau-Mann-Kampf, denn die Herren mochten den «Jungskopf» nicht besonders.

Glatt oder in Wellen gelegt

Die Bubikopffrisur wird Psoch zufolge meist glatt und mit vollem Pony getragen. «Manche Damen legten ihn auch in Wellen», erzählt die Expertin. Die schwere Brennschere, die mithilfe eines Ofens zum Ondulieren der Haare erhitzt wurde, gehörte in den Familien zur Ausstattung in der Zeit der «Goldenen Zwanziger». «Fast wie das Handy heute», sagt Psoch.

Der Ausstellungsraum für den Bubikopf ist voll mit Bildern, Accessoires und Werkzeugen. Alle Exponate stammen aus dem Bestand des Friseurmuseums, dass genau 144 Quadratmeter groß ist und ohne Depot auskommen muss. «Was wir haben, das zeigen wir», sagt Manuela Strietz. Die 56-Jährige ist kaufmännische Angestellte und engagiert sich seit Jahren freiwillig für das Museum, ohne Vereinsmitglied zu sein. «Seit der Eröffnung vor zehn Jahren hat sich die Ausstellungsfläche verdoppelt», sagt sie.

Eine besondere Sammlung

Das Friseurmuseum befindet sich in einer nach dem ehemaligen Magdeburger Oberbürgermeister Hermann Beims (1863-1931) benannten Wohnsiedlung. Die Siedlung ist heute ein Flächendenkmal. Die Sammlung des landesweit einmaligen Hauses rund um das Barbier- und Perückenmacherhandwerk ist auch deutschlandweit nahezu konkurrenzlos. Herzstücke sind ein Frisiersalon von 1929 sowie eine komplett eingerichtete Perückenmacherwerkstatt. «Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, zu bewahren», sagt Psoch. «Unsere Perückenmacherwerkstatt gibt es bundesweit kein zweites Mal.»

Mit dem Programm
«Magdeburger Moderne 1919-2019» feiert Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt ihren Beinamen als «Stadt des neuen Bauwillens». Anlass ist die Gründung des Bauhauses vor einhundert Jahren. «Die Ideen des Bauhauses prägten und prägen unser Verständnis vom modernen Leben», heißt es von der Magdeburg Marketing Kongress und Tourismus GmbH. Vier Routen zu Architektur und Wohnkultur führen durch die Stadt. Die West-Route führt auch durch die Hermann-Beims-Siedlung, wo das Friseurmuseum als Ausstellungsort an lebendige Magdeburger Moderne erinnert.

Fotocredits: Ronny Hartmann
(dpa)

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